Unsere Exkursion führt uns diesmal in den Süden von Sardinien – einer bei archäologisch Interessierten noch wenig bekannten Mittelmeerinsel, die heute zu Italien gehört, sich allerdings kulturell grundlegend vom Festland unterscheidet.
Selbst ihre Sprache ist anders und wird von Genetikern und Sprachwissenschaftlern gleichermaßen als mögliches Relikt aus der Zeit vor der Ankunft der indo-europäischen Sprachen gewertet. Einer Zeit, in der die ersten Ackerbauern aus Anatolien den mitteleuropäischen Kontinent besiedelten und die dort ansässigen Jäger und Sammler-Kulturen nach und nach verdrängten.
Gemeinsam erkunden wir die archäologischen Spuren dieser ersten Einwanderer und der nachfolgenden Generationen, welche über Jahrtausende auf Sardinien eine einzigartige, komplexe Zivilisation aufbauten.
Exkursionstermin:
DERZEIT KEINE WEITEREN TERMINE
Exkursionsbeitrag:
Gruppengröße: max. 6 Teilnehmer
Hinweis:
Für den Besuch mancher Fundstellen ist ein leichter Anstieg durch nicht immer ausgebautes Gelände zu bewältigen und daher moderate Fitness notwendig. Bei Unsicherheit informieren wir gerne
über die genauen Details.
Leistungen:
Nicht inkludiert:
Exkursionsleitung:
Klaus Schindl BA (Erlebnis Archäologie)
Anita Soos BA (Erlebnis Archäologie)
Wir erforschen die kunstvoll in den Fels geschlagenen jungsteinzeitlichen Nekropolen mit Scheintüren ins Jenseits, sogenannte Giganten-Gräber, Megalith-Anlagen, enigmatische bronzezeitliche Nuraghen - sowie den Untergang ihrer Zivilisation und die teilweise Eroberung durch Phönizische und Punische Seefahrer und später auch das römische Reich. "Teilweise" deshalb, weil sich die Sarden immer schon darauf verstanden, sich bei Gefahr in ihre Kerngebiete im unwegsamen Gebirge zurückzuziehen und von dort aus ihren Widersachern zu trotzen – bis ins letzte Jahrhundert hinein boten berüchtigte Banditen den italienischen Behörden aus dem bergigen Hinterland, wo das Leben auch heute noch sehr ursprünglich verläuft, die Stirn.
Diese Exkursion in einer exklusiven Kleingruppe bietet sowohl Sardinien-Vertrauten, die schon die altbekannten Attraktionen des Nordens besucht haben, als auch „Neulingen“ die Chance auf neue, spannende Entdeckungen der sardischen Urgeschichte und abenteuerliche Erkundungstouren durch die atemberaubenden Naturlandschaften des Mittelmeer-Kleinods. Wir beleuchten sämtliche Epochen ab der Stein- über die Römerzeit bis zum Mittelalter, besichtigen auch die Hauptstadt Cagliari und lassen uns nach den Abenteuern des Tages von der lokalen Kulinarik in sogenannten Agriturismi verwöhnen.
Sei bei diesem archäologischen Abenteuer in einer exklusiven Kleingruppe dabei und melde dich bald an - die Plätze sind begrenzt!
Das Detailprogramm schicken wir dir gerne auf Anfrage!
Zu Beginn des 6. Jahrtausends vor Christus erreichen erste Ackerbauern die Insel Sardinien. Archäologisch gesehen, ordnet man diese frühen Siedler der Cardio-Impresso-Kultur zu, die ihren Namen der typischen Keramik dieser Zeit verdankt, die mit Herzmuschel-Eindrücken verziert wurde. Wenig ist uns aus dieser Zeit überliefert, abseits von Keramikaufsammlungen und einigen Siedlungs- sowie Bestattungsresten aus dem geschützten Felsüberhang Su Carropu.
Die Cardio-Impresso-Kultur breitete sich ab dem beginnenden 6. Jahrtausend v. Chr. über Seewege auf weite Teile des Mittelmeerraumes aus, wo sie meist in den Küstenregionen siedelten. Eine etwas jüngere, sehr bedeutende neolithische Erscheinung, ist die Linearbandkeramische Kultur, die Europa entlang zentralen Wasserwegen besiedelte. Auf Sardinien sind deren Spuren nicht zu finden.
Dichtere Spuren lassen sich in das Mittelneolithikum, also etwa in das beginnende 4. Jahrtausend vor Christus, zurückverfolgen. Die einstigen Bewohner, die wir heute der Bonu Ighinu-Kultur zuschreiben, begannen vor knapp 6.000 Jahren bereits Hypogäen in massiven Fels zu schlagen, um ihre Toten würdevoll zu bestatten - eine Tradition die zwar aus anderen Teilen Europas auch bekannt ist, doch nirgendwo finden sich so viele tausend dieser Grabstätten auf so kleiner Fläche. Besonders auffällig ist nicht nur diese neue Architekturform, sondern auch ein Teil ihrer materiellen Kultur - mystische Steinfigurinen: kunstvoll geformt, wirken sie fast der modernen Kunst zugehörig und finden sich meist als Grabbeigaben in den Hypogäen.
Noch nicht restlos geklärt ist der früheste Zeitpunkt der Errichtung erster Megalithbauten auf der Insel. Die C14-Datierungen reichen bis 4.400 v. Chr. zurück, stammen aber nicht aus den Gräbern selbst, sondern aus durch Funde zeitgleich datierten Siedlungen. Die Anlagen bestehen aus einem zentralen Dolmen, umgeben von einer kreisförmigen Steinsetzung, die den darüber aufgehäuften Erdhügel wohl vor Erosion schützen und das Grab begrenzen soll. Wenige dieser Anlagen sind bekannt, die große Ähnlichkeiten mit Bauwerken aus Katalonien, dem Languedoc und der Provence aufweisen. Diese frühe architektonische Form, die sich noch eher "kleinen" Steinen bediente, tritt nach dem Übergang ins 4. Jahrtausend v. Chr. nicht mehr auf.
Eine etwas jüngere Form megalithischer Gräber sind klassische Dolmen und Ganggräber, die während ihres Benutzungszeitraumes zugänglich waren - beispielsweise für Nachbestattungen. Die verwendeten Bausteine erreichen enorme Ausmaße von bis zu vier mal vier Metern und fast einem Meter Dicke.
Häufig werden solche Anlagen von aufgerichteten Steinen, sogenannten Menhiren, begleitet. Auf Sardinien finden sich sowohl einzelne, freistehende als auch größere Gruppen mit Bezug zu Grabanlagen. Ein Großteil ist mit großer Sicherheit bereits zerstört oder wiederverwendet worden, weshalb unser Wissen diesbezüglich leider sehr beschränkt ist.
Eine Weiterentwicklung der einfachen, aufgestellten Steine sind anthropomorphe Stelen. Da diese häufig Dolche abbilden, die für die Bronzezeit typisch sind, sind sie einer wesentlich jüngeren Periode zuzuordnen.
Ein bisschen fühlt man sich wie Indiana Jones, wenn man durch die Öffnungen in die Grabanlagen hinabsteigt, die oft wie Wohnanlagen angelegt sind - ganze Totenstädte wurden in sanfte Felshänge auf ganz Sardinien geschlagen.
Diese Anlagen, die aus dem 4. bis 2. Jtsd. v. Chr. stammen, umfassen meist etwa fünf getrennte Räume verschiedenster Größe. Manchmal nehmen sie außergewöhnliche Ausmaße mit 14 Räumen und fast 180 m² Fläche an. Innen stößt man auf Sitzbänke, Säulen, Scheintüren, Opfer- und Feuerschalen, die aus dem Stein herausgearbeitet wurden. Manche Grabkammern wurden an der Decke so gestaltet, dass sie die Dachkonstruktion eines Hauses imitieren - dies ist für die Archäologie und die Erforschung dieser frühen Epoche sehr außergewöhnlich und bedeutend.
Das Gefühl, einen derart alten Raum, der zum Teil mit farbiger Wandbemalung erhalten ist, frei betreten zu können, ist atemberaubend. Vermutlich hatten dieses Gefühl auch Menschen in der jüngeren Geschichte, denn einige der größten Hypogäen wurden zu römischer Zeit weiterverwendet und mit Wandmalereien ausgestattet, jedoch ohne die älteren Elemente wie Opferschalen oder Dachkonstruktionen zu zerstören.
Unbestrittenermaßen ist die Nuraghenkultur eines der Markenzeichen Sardiniens. Die Dichte der bis heute erhaltenen Bauwerke aus prähistorischer Zeit ist enorm. Am häufigsten findet man noch die zum Teil mehrere Meter hoch erhaltenen Steintürme dieser faszinierenden Kultur. Bis zu 12.000 in verschiedensten Größen und Formen sollen auf Sardinien noch zu finden sein.
Steintürme, die mehrere Stockwerke umfassen, welche mit Kraggewölben abgeschlossen wurden und über zwei Mauerschalen verfügen, zwischen denen eine Steintreppe den Besucher hinauf und hinabgehen lässt. Steine, so groß wie ausgewachsene Stiere, bilden die Fundamente dieser mächtigen Gebäude, die gegen Ende des 2. Jtsd. v. Chr. in vielfältige Komplexe umgewandelt werden. Man errichtet mehrere Türme, verbindet sie mit Verteidigungsanlagen und legt kleine Städte ringsum an. Hat diese Bautätigkeit vielleicht etwas mit den großen Kriegen rund um die mythischen Seevölker zu tun?
Aus dem beginnenden ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung stammen monumentale Anlagen, die vornehmlich aus einem Grund angelegt wurden: Quellen einzufassen, und der einfachen Wasserentnahme zu dienen. Doch müssen diese zum Teil mit höchster Präzision gebauten Brunnenanlagen noch einem anderen Zweck gedient haben, der wohl mit einer Art Fruchtbarkeitskult rund um dieses Grundelement des Lebens zusammenhängen muss. Dutzende Bronzestatuetten aus nuraghischer Zeit wurden im Inneren der Brunnen gefunden - aus welchem Grund sie hier einst deponiert wurden, können wir wohl nicht mehr nachvollziehen. Erstaunlich ist die Tatsache, dass diese Quellfassungen bis heute in einigen Dörfern Sardiniens noch ohne Ausbesserungsarbeiten ihrem einstigen Zweck dienen. Andere, meist viel größere nuraghische Brunnen wurden erst durch archäologische Ausgrabungen wieder freigelegt - das Wasser ist auch dort bis heute nicht versiegt.