Michelstetten "Altstadt"

Festung der Bronze- und Eisenzeit

Ausgrabung in Niederösterreich: Teil 2

Archäologie zum Mitmachen

Eine prähistorische Burganlage, die im Volksmund "Altstadt" genannt wird, umringt von einem mehrere Meter hohen Wall, der eine fast 14 Hektar große Siedlungsfläche umgibt. Befestigungen dieser Größenordnung sind in Österreich nur vereinzelt vorhanden. Doch obwohl die Anlage nie aus dem Bewusstsein der lokalen Bevölkerung verschwand und sie den Archäologen immer bekannt war, gab es bislang kein Interesse an der Erforschung der Burg.

 

2024 fand nun die erste Ausgrabung statt. Allerdings nicht innerhalb der Siedlung, sondern im Bereich der mächtig befestigten Vorburg. 

Neue Grabungen im Siedlungsareal

Nachdem ein Teil der Siedlung im Vorjahr mittels Magnetometer untersucht wurde und die Ergebnisse zahlreiche potentielle Grubenhäuser zeigen, werden wir 2025 einen dieser Hausbefunde ausgraben.

 

Michelstetten Niederösterreich Grabung
Tief im Wald versteckt sich die bronze- und eisenzeitliche Siedlung

Archäologie zum Mitmachen in Österreich

Kurstermine 2025:

MO 8. - FR 12. September 2025
MO 15. - FR 19. September 2025

Kursbeitrag pro Person:

ab 8 Personen € 800,-

 

Wochenend' im Dreck: 13.-14. September 2025
Kursbeitrag pro Person € 340,-

  

Abholung von umliegenden öffentlichen Verkehrsanschlüssen (Bhf. Mistelbach) nach Absprache möglich.
Sonntag ist als Anreisetag vorgesehen! Es findet kein reguläres Programm statt, lediglich ein optionales Kennenlerntreffen am Abend.

   

Nicht enthalten ist:

  • Eigenanreise zur Grabung - Vor Ort bilden wir Fahrgemeinschaften!
  • Unterkunft 

Tips zur Unterkunft:

Genügend Zimmer gibt es im Gästehaus Luger in Ernstbrunn, nur wenige Minuten von der Grabung entfernt:
Gästehaus Luger Ernstbrunn

 

Alternativen:
Weingut Hans

Zant'nhof Ferienwohnungen

Arkadenhof Schneider
Winkelauer Hof

 

Nächst größeres Hotel in Mistelbach: VinoQ

 

Zusätzlich bietet der Weinviertel Tourismusverband eine Online-Buchungsplattform: www.weinviertel.at

Hier können Stellplätze für Camper oder andere Ferienwohnungen in der Nähe unkompliziert gebucht werden.

 

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Kursprogramm:

 

Sonntag: Optionales Kennenlerntreffen am Abend.

Montag: 9 Uhr Treffpunkt aller TeilnehmerInnen in Michelstetten, Begehung der Fundstelle.

Einführung in die Grabungstätigkeit. Grabung bis ca. 16:30 Uhr.

Dienstag: Ganztägige Grabung 9 bis 16:30 Uhr. Untertags Workshop zur Vermessung mit RTK-GNSS und Image Based Modelling.

Mittwoch: Grabung von 9 bis 12 Uhr. Nachmittags archäologische Exkursion auf den Oberleiserberg und Michelberg mit anschließendem Besuch in einer Buschenschenke.

Donnerstag: Ganztägige Grabung 9 bis 16:30 Uhr. Untertags Materialkunde-Workshop.

Freitag: Grabung von 9 bis 13 Uhr. Anschließend Besuch und Führung im MAMUZ Asparn/Zaya (Freilichtmuseum und archäolog. Dauerausstellung).

 

Während der normalen Grabungszeit und außerhalb der Workshops gibt es stets die Möglichkeit an der Dokumentation mitzuarbeiten - individuell, je nach Interesse der teilnehmenden Personen. Ihr seid das Grabungsteam, ihr werdet also in alle Entscheidungen und Vorgänge eingebunden und sollt nach der Grabungswoche einen Einblick in unsere alltägliche Arbeit erhalten haben.

 

Kursleitung:

Klaus Schindl, Erlebnis Archäologie

Florian Mauthner, Erlebnis Archäologie

 

Hinweis:

Dieser Kurs ist keine Fachveranstaltung für Studierende der Archäologie, sondern für alle freiwilligen Teilnehmer frei zugänglich. Es werden keinerlei Vorkenntnisse benötigt.

Alle benötigten Werkzeuge sind vorhanden!

 

Die Teilnahme ist ab einem Alter von 16 Jahren in Begleitung eines Erziehungsberechtigten möglich.


Das Forschungsprojekt 2025:

Großes Randfragment eines spätbronzezeitlichen Topfes.
Großes Randfragment eines spätbronzezeitlichen Topfes.

Nachdem sich die Grabungen 2024 auf die Befestigungsanlagen konzentrierten, werden wir nun einzelne Hausgrundrisse untersuchen, die durch geophysikalische Untersuchungen sichtbar wurden.

 

Die Altstadt ist bereits seit den 50ern des letzten Jahrhunderts ein beliebter und gut bekannter Ort unter Heimatforschern und Sammlern. Entsprechend ist auch schon viel Fundmaterial in Form von Keramik vorhanden. Diese zeigt uns, dass der Ort bereits seit dem Neolithikum aufgesucht wurde. Die größten Mengen an Keramik entstammen jedoch der späten Bronzezeit, als auch die Befestigung vermutlich erstmals angelegt wurde. Während aus der Hallstattzeit verhältnismäßig wenig Material vorhanden ist, gibt es aus der darauffolgenden Latènezeit wieder reichlich Fundobjekte. Eine große Siedlung dieser Periode gibt es im heutigen Ort Michelstetten, welche bereits ausgegraben wurde.

Arbeitsfoto während der Grabung 2024. Im Hintergrund befindet sich der mächtige Hauptwall der Altstadt.
Arbeitsfoto während der Grabung 2024. Im Hintergrund befindet sich der mächtige Hauptwall der Altstadt.

Funde aus der Zeit der Römer sind nur vereinzelt vorhanden und deren eindeutige Datierung ist unklar. Im Mittealter wird die Anlage wieder aufgesucht. Möglicherweise bereits im 10. Jahrhundert, als man ältere Befestigungen neu erschloss und mit geringem Aufwand als Zufluchtsort, wenn auch nur temporär, wiederverwendete. Spuren aus dem Hochmittelalter und der Neuzeit sind vereinzelt vorhanden. Zu dieser Zeit bestand bereits die heutige Ortschaft Michelstetten, in der sich mehrere Reste von Burganlagen finden. Doch die alte, prähistorische Burg geriet nie in Vergessenheit und war weiterhin in Verwendung. Zuletzt vermutlich, als man sich in den letzten Jahren des 30-jährigen Krieges darin versteckte.

Ausschnitt einer der Magnetikmessungen in der Altstadt. Copyright: Geosphere Austria
Ausschnitt einer der Magnetikmessungen in der Altstadt. Copyright: Geosphere Austria

Die wichtigste Siedlungsphase der sogenannten Altstadt war mit Sicherheit die späte Bronzezeit, als die große Befestigungsanlage angelegt wurde. Unmengen an Scherbenmaterial sind noch heute auf dem Berg zu finden, die auf eine sehr bedeutende Siedlung hindeuten. Illegale Raubgräber haben vermutlich einen Großteil der Metallfunde bereits aus der Siedlung gestohlen, doch vereinzelt wurden auch Funde gemeldet. Unter anderem ein spätbronzezeitlicher Depotfund, der allerdings leider seither verschollen ist. Unser Detektor-Survey 2024 zeigte, dass die Oberfläche intensiv auf Metalle abgesucht wurde. Dadurch entgeht uns leider viel Wissen über die Besiedlung der Altstadt. Neue Grabungen in tieferen Erdschichten, die von Metallsonden nicht erfasst werden, könnten jedoch neue Erkenntnisse bringen.

2025 werden wir einen potentiellen Hausgrundriss untersuchen. Was genau uns dort erwartet, wie tief die Häuser in den anstehenden Fels eingegraben wurden und aus welcher Zeit es stammt, können wir im Vorfeld noch nicht sagen. 

Nachdem bislang nur illegale Ausgrabungen in der Altstadt stattgefunden haben, bietet sich nun die Möglichkeit, die Geschichte dieser Siedlung für die Allgemeinheit zu erforschen und zugänglich zu machen. 2025 kannst du uns dabei aktiv unterstützen!

Impressionen Grabung 2024

Das Forschungsprojekt zur Grabung 2024 (Reitergassen):

Reitergassen
Vier Beispiele für bronze- und eisenzeitliche Befestigungen mit Reitergassen

Das neue Grabungsprojekt in Michelstetten ist als Folgeprojekt zur Grabung 2023 am Steirischen Dietenberg zu betrachten, wo wir erstmals in Österreich sogenannte Reitergassen erforscht und erfolgreich in die späte Eisenzeit, also in die keltische Latènezeit datiert haben.

Ziel ist es nun, die im Vergleich wesentlich größeren Annäherungshindernisse von Michelstetten auf Konstruktionsweise und Datierung zu untersuchen und mit den Ergebnissen von Dietenberg und anderen Anlagen in Deutschland zu vergleichen.

 

Eine weitere Fragestellung ist der Errichtungszeitpunkt und die Bauweise des großen Hauptwalls der sogenannten Altstadt, der heute noch weit über fünf Meter hoch erhalten ist. Verkohlte Balkenhölzer, die an der Oberfläche zutage treten, deuten auf eine Konstruktion aus Holzkästen mit Steinfüllung hin. Der kilometerlange Wall weist vermutlich mehrere Bauphasen auf, in denen er immer erweitert und vergrößert wurde. Wir wollen den ursprünglich Errichtungszeitpunkt finden.

 

Die innere und äußere Siedlungsfläche soll mittels geophysikalischen Prospektionsmethoden erkundet werden, um für die nächsten Jahre Grabungen mit konkreten Fragestellungen unabhängig von den Verteidigungsanlagen zu ermöglichen. Auch geoarchäologische Bohrungen in der großen Zisterne der Burganlage sind geplant.

 

Festungen der Bronzezeit in Niederösterreich:

Ausgrabung Praunsberg
Verteilungskarte Wallanlagen mit Reitergassen, Stand August 2023

Michelstetten "Altstadt" ist nur eine von unzähligen Festungsanlagen der Bronzezeit. Tatsächlich erforscht sind weniger als eine Handvoll - Der Oberleiserberg unweit der Altstadt, Stillfried an der March und die Schanze von Thunau am Kamp. Michelstetten ist jedoch nicht nur stärker befestigt, sondern auch erheblich größer, als die erwähnten Anlagen. Dutzende weitere Befestigungen liegen versteckt in den Wäldern Niederösterreichs und warten darauf, genauer untersucht zu werden. Viele von ihnen haben ihren Ursprung in der späten Bronzezeit - einer Periode des Umbruchs, in der Unsicherheit die Bevölkerung in ganz Europa dazu bewegte, auf Anhöhen zu siedeln und sich hinter Befestigungsanlagen zu schützen.

 

Michelstetten ist eine von nur sechs in Österreich bekannten Anlagen mit Annäherungshindernissen. Der großartige Erhaltungszustand macht den Fundort zum bedeutendsten seiner Art.

Die Siedlung Altstadt ist seit langem ein beliebtes Ziel unter illegalen Raubgräbern. Gerüchte über sagenhafte Schatzfunden kursieren in der Szene. Um diese Funde wissenschaftlich aufzuarbeiten, ist es uns ein Anliegen, Sondengänger in unser Projekt zu involvieren und über die Bedeutung diesen überregional bedeutenden Fundort zu informieren. Ein Schatz ist nur dann wertvoll, wenn die Gesellschaft über ihn staunen und von ihm lernen kann. Über Hinweise und Fundfotos würden wir uns sehr freuen - gerne auch anonym an unsere Mailadresse: info@archaeologie-erlebnis.eu

Michelstetten Ausgrabung
Neigungskarte der Festung Michelstetten

Forschungsgeschichte:

 

Schon J.W. Neugebauer spricht in seiner Publikation zu den Befestigungsanlagen im Bezirk Mistelbach von 1979 von einer ungewöhnlichen Häufung von Wehranlagen in und um Michelstetten. Die Lage der Altstadt unmittelbar neben dem Halterberg, der heute teilweise zerstört ist oder vielleicht auch nie vollständig geschlossen errichtet worden war, ist ein ungeklärtes Rätsel. In heutigen Ort Michelstetten befinden sich eine mittelalterliche Burganlage und eine Wehrkirche, im Westen am Höhenrück der Leiser Berge ein mittelalterlicher Burgstall, der wohl auf eine ältere Anlage aufbaute. Wiederum westlich davon liegt der Oberleiserberg, eine der wenigen ergrabenen Höhensiedlungen der Umgebung.

 

Kurioserweise vermerkt Neugebauer folgendes zu den Reitergassen: "Im W, außerhalb des Walles und des Grabens, finden sich 6-7 O-W orientierte, etwa 20 m lange und 1 m hohe Geländerippen, die im Volksmund "Riesengräber" genannt werden. Ob es sich dabei um natürliche oder künstliche Erscheinungen handelt, muß mangels Untersuchungen dahingestellt bleiben". Die Bedeutung dieser architektonischen Besonderheit war damals noch nicht bekannt und auch heute wissen wir tatsächlich so gut wie nichts über deren tatsächliche Funktion.

 

Funde sind vor allem aus der Sammlung Schöfmann bekannt, die er unter anderem von Arbeitern im Zuge der Errichtung von Wildzaunpfählen erhalten hat. Darunter befindet sich Keramik vorrangig aus der Urnenfelderzeit, aber auch dem Neolithikum und dem frühen Mittelalter. Bemerkenswert ist ein Bronzedepotfund aus der späten Bronzezeit. 

 

Weitere Untersuchungen fanden bislang lediglich im Ort Michelstetten selbst statt, wo eine latènezeitliche und auch eine frühmittelalterliche Siedlung großflächig untersucht und bereits vorgelegt wurden. (AFNÖ Band 7, 2010 und Band 10, 2012)